25 Jahre eco – vom Nerd-Projekt
zur Stimme der Internetwirtschaft

Harald A. Summa ist Hauptgeschäftsführer des eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. 1995 gründete der Diplom-Kaufmann den heute größten Verband der Internetwirtschaft in Europa und hat das Internet in Deutschland maßgeblich mitgestaltet. Im Interview begeben wir uns mit dem Internet-Pionier auf eine digitale Zeitreise. Wir blicken zurück auf 25 Jahre eco und entwickeln Visionen für die digitale Transformation von morgen.

 

HERR SUMMA, ECO FEIERT IN DIESEM JAHR 25-JÄHRIGES JUBILÄUM – WIE IST DER VERBAND ENTSTANDEN UND WAS HAT ER MIT DER ENTWICKLUNG DES INTERNETS IN DEUTSCHLAND ZU TUN?

Das kommerzielle Internet wie wir es heute kennen ist aus dem amerikanischen Arpanet entstanden, einem Online-Netzwerk-Projekt der US Air Force. Mit der Abschaltung des Arpanet im Jahr 1990 begann dann die kommerzielle Phase des Internet, zunächst erst in Form der Ausgründung verschiedener Forschungsprojekte aus den Universitäten. In Deutschland wurden damals an der Uni Karlsruhe und der Uni Dortmund jeweils Projekte betrieben, die Zugang zum Internet in den USA hatten. Das heißt, in dieser Phase war das Internet eigentlich ein Nerd-Projekt, die Wirtschaft hat sich noch gar nicht dafür interessiert. Es gab ja auch noch gar kein Internet in dem Sinne wie wir es heute kennen, sondern nur einfach Textnachrichten-Protokolle.

 

AUF DER SUCHE NACH GRÜNDUNGSMITGLIEDERN

Gemeinsam mit dem Dortmunder Provider Eunet, der die Ausgründung aus der Dortmunder Uni war, habe ich dann begonnen, Strategien zu entwickeln, dieses neue Internet bei deutschen Unternehmen populärer zu machen. Zu diesem Zweck haben wir am 26. Juni 1995 das „Electronic Commerce Forum e.V.“, kurz: eco gegründet. Unser Ziel war es, relevante Unternehmen und Firmen, die sich für das Internet interessierten, miteinander ins Gespräch zu bringen und gemeinsame Ideen für die weitere Verbreitung des Internet als elektronisches Handels-Medium zu entwickeln. Die sieben für eine Vereinsgründung notwendigen Mitglieder habe ich damals nur mit Mühe und Not zusammen getrommelt. Das war der Anfang vom eco.

WIE WURDE ECO ZUR STIMME DER INTERNETWIRTSCHAFT?

Ursprünglich als Marketing-Netzwerk gegründet war die damals noch eher kleine Branche der Provider in Deutschland schnell mit gesetzlichen Fragestellungen und Restriktionen konfrontiert, die dazu führten, dass sich der eco zum Interessenverband weiterentwickelte.

Einer der ersten Meilensteine der Verbandsarbeit war das erste Digitalgesetz (IuKDG), das 1998 verabschiedet wurde. Es legte u.a. den Verantwortungsbereich der Dienstleister in der Telekommunikation fest. Das Gesetz bewirkte, dass auch heute noch nicht die Provider als Transportdienstleister für illegale und rechtswidrige Inhalte verantwortlich sind, sondern diejenigen, die die Inhalte ins Netz stellen. Das ist wesentlich auf das Engagement des eco zurückzuführen, da wir von Anbeginn gegen Sperrverfügungen seitens Bundesregierung und Strafverfolgungsbehörden eingetreten sind und faktisch wie argumentativ erreichen konnten, dass sich das Prinzip „Löschen statt Sperren“ zur Bekämpfung illegaler Internetinhalte durchsetzt.

DIGITALES KNOW-HOW FÜR DIE POLITIK

In den letzten 25 Jahren hat eco einen maßgeblichen Beitrag zur Entwicklung des Internets in Deutschland geleistet, den Aufbau digitaler Infrastrukturen gefördert sowie die Ausgestaltung gesetzlicher Rahmenbedingungen vorangetrieben. Ich bin sehr stolz darauf, dass es uns über mehrere Legislaturperioden gelungen ist, die Politik an das Thema heranzuführen und auch digitales Know-how an viele Politiker weiterzugeben.

WAS BEDEUTET DAS JUBILÄUMSMOTTO „NETZ MIT VERANTWORTUNG“?

Gerade in Krisenzeiten, wie wir sie aktuell durch die COVID-19 Pandemie erleben, wird deutlich, welche Bedeutung digitale Technologien und Dienste für unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft haben. Sie sind der Motor, der auch in Zeiten von Abstandsgeboten und Reisebeschränkungen Kommunikation, gemeinsames Arbeiten und die Abwicklung von Geschäften möglich machen. In einer aktuellen repräsentativen Bevölkerungsumfrage, die Civey für eco durchgeführt hat, bestätigen über 70 Prozent der Bevölkerung, dass die Digitalisierung die Wirtschaft in der aktuellen Situation vor Schlimmerem bewahrt.

 

Aus dieser großen Bedeutung von Internettechnologien und Onlinediensten hat eco immer schon auch eine spezielle Verantwortung der Internetwirtschaft abgeleitet. Wir stehen für ein Internet, dass dem Menschen dienen soll, nicht umgekehrt. Das heißt, wir wollen ein freies, technikneutrales und offenen Netz, dass sich an gewissen ethischen, bürgerrechtlichen und demokratischen Grundwerten orientiert, wie beispielsweise Meinungsfreiheit und dem Schutz persönlicher Daten. Diese Überzeugung ist nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern wir stehen dafür auch seit 25 Jahren ein. Vielleicht das beste Beispiel ist die eco Beschwerdestelle, die seit fast 20 Jahren sehr erfolgreich gemeinsam mit Internet Service Providern und Strafverfolgungsbehörden daran arbeitet, dass illegale Inhalte aus dem Netz verschwinden und gleichzeitig den Kinder- und Jugendschutz im Internet fördert.

WO SEHEN SIE IN DEN NÄCHSTEN JAHREN DRÄNGENDSTEN AUFGABEN IM KONTEXT DIGITALE TRANSFORMATION IN DEUTSCHLAND?

Nach wie vor ist nur ein Bruchteil der globalen Gesetzgebung und Regulierung onlinefähig, es gibt immer noch viele weiße Flecken. Das heißt, hier müssen Staat, Zivilgesellschaft und Wirtschaft im engen Austausch eine Regulierung mit Augenmaß entwickeln, die rechtliche Rahmenbedingungen schafft und die persönlichen Grundrechte der Menschen schützt, ohne innovative Geschäftsfelder zu blockieren.

Die aktuelle Corona-Krise macht auch deutlich, wo sich in Deutschland Lücken in der Digitalisierung auftun. Wir diskutieren seit rund zehn Jahren, Schulen ans Netz zu bringen. Hätten wir dieses Vorhaben ernst genommen, könnten wir jetzt digital unterrichten. Jetzt stehen wir unter Zeitdruck und merken, wie wichtig diese Themen sind. Digitale Bildung ist eine essentielle Voraussetzung dafür, dass Menschen dazu befähigt werden, digital souverän zu handeln.

 

 

Wir brauchen außerdem einen gesellschaftlichen Dialog über den lösungsorientierten und smarten Einsatz digitaler Technologien, der sich an ethischen und nachhaltigen Grundwerten orientiert. Es geht nicht darum, Digitalisierung für alles einzusetzen, was technisch machbar wäre, vielmehr sollten Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft stärker als bisher zusammenarbeiten bei der Frage, wie wir mit digitalen Technologien die
drängenden Herausforderungen unserer Zeit, wie beispielsweise die Energie- und Klimakrise, lösen können.

eco wird sich auch in den nächsten Jahren dafür einsetzen, dass wir in diesen Punkten weiterkommen und Deutschland zur globalen Benchmark für ein Netz mit Verantwortung wird.